Im Vereinsgesetz 2002 wird bestimmt, dass Rechtsstreitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis vorerst vor einer Schlichtungsstelle des Vereines auszutragen sind, bevor ordentliche Gerichte angerufen werden können.

MERKBLATT SCHIEDSGERICHT

 

Nach § 8 des Vereinsgesetzes 2002 (VerG) haben die Vereinsstatuten vorzusehen, dass Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis vor einer Schlichtungseinrichtung auszutragen sind.

Weiters bestimmt das Gesetz, dass für Rechtstreitigkeiten (aus dem Vereinsverhältnis) nach Ablauf von 6 Monaten ab Anrufung der Schlichtungseinrichtung jedenfalls der ordentliche Rechtsweg offen steht, das heißt, die ordentlichen Gerichte zur Entscheidung des Rechtsstreits angerufen werden können.

Weiters bestimmt § 8 VerG, dass die Statuten die Zusammensetzung und die Art der  Bestellung der Mitglieder der Schlichtungseinrichtung unter Bedachtnahme auf deren Unbefangenheit zu regeln haben. Den Streitparteien ist (von den Mitgliedern der Schlichtungseinrichtung) beiderseitiges Gehör zu gewähren.

 Diesen gesetzlichen Vorgaben entsprechen die vom ZENTRALVERBAND für Kleingartenvereine herausgegebenen Musterstatuten im Punkt „Die Schlichtung von Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis“.

 Den Vereinsleitungen wird empfohlen, bei der praktischen Umsetzung dieser Bestimmungen folgendes zu beachten:

 1.)    Der Begriff „Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis“ wird von der Rechtssprechung extensiv, das heißt, denkbar weitgehend ausgelegt. Gehen Sie daher grundsätzlich davon aus, dass es sich um Rechtsstreitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis handelt, wenn Rechte und Pflichten der Mitglieder gegenüber dem Verein oder solche des Vereins gegenüber seinen Mitgliedern strittig sind.

2.)    Wird in einem Rechtsstreit zwischen Verein und Vereinsmitglied ein ordentliches Gericht angerufen, bevor die Streitparteien ihren Streitfall vor der Schlichtungseinrichtung des Vereins (meistens „Schiedsgericht“ genannt) ausgetragen haben, dann führt dies zwingend zur Zurückweisung der Klage mit Kostenersatz des Klägers an den Beklagten.

Da das die Klage zurückweisende (nicht abweisende!) Urteil nichts darüber aussagt, ob der Klagsanspruch an sich zu Recht oder nicht zu Recht besteht, kann neuerlich geklagt werden, sobald die Schlichtungseinrichtung vergeblich mit dem Streitfall befasst worden ist.

3.)    Erfahrungsgemäß bereitet es sowohl Vereinsleitungen wie auch Vereinsmitgliedern Schwierigkeit, das den Statuten entsprechende Streitschlichtungsverfahren überhaupt in Gang zu bringen. Insbesondere neigen Vereinsmitglieder in Unkenntnis der Vereinssatzungen dazu, gegenüber der Vereinsleitung zu erklären, „das Schiedsgericht anzurufen“, oder von der Vereinsleitung zu verlangen, dieses einzuberufen. Offenkundig liegt solchem Vorgehen die irrige Meinung zugrunde, dass es sich beim Vereinsschiedsgericht, weil in den Statuten als Vereinsorgan aufgezählt, um eine ständig eingerichtete und mit Schiedsrichtern besetzte Institution handelt, die, ähnlich wie ein ordentliches Gericht, jederzeit in der Lage ist, „Klagen“ entgegenzunehmen, zu verhandeln und zu entscheiden.  Dies ist aber nicht der Fall.

Das Streitschlichtungsverfahren wird vielmehr in jedem Einzelfall dadurch eingeleitet, dass jene Streitpartei (Verein oder Vereinsmitglied), welche eine Streitschlichtung anstrebt, dem Streitgegner nicht nur den „Streitgegenstand“ (Umschreibung des konkreten Begehrens) sondern auch Namen und Anschrift jener Person oder jener Personen benennt, die ihr Mitglied oder ihre Mitglieder im Schiedsgericht sein soll bzw. sollen.

Mit der Benennung des eigenen Mitglieds oder der eigenen Mitglieder des Schiedsgerichts an den Streitgegner ist dieser aufzufordern, innerhalb der in den Statuten genannten Frist (in der Regel 14 Tage) seinerseits die für das Schlichtungsverfahren nominierten Mitglieder (eines oder mehrere, je nach Inhalt der Vereinsstatuten) bekanntzugeben.

Dann ist es innerhalb einer ebenfalls in den Statuten bestimmten Frist (in der Regel 14 Tage) Sache der beiderseits nominierten Schiedsgerichtsmitglieder, gemeinsam einen oder eine Vorsitzende(n) zu wählen und anschließend unter dessen / deren Leitung mit der Anhörung der Streitparteien und der Beweisaufnahme zu beginnen.

Die Tätigkeit der Schlichtungseinrichtung / des Schiedsgerichts endet damit, dass
sie / es den Streitparteien einen Einigungsvorschlag unterbreitet, den diese annehmen oder ablehnen können.

4.)    Sobald das Schiedsgericht seinen Einigungsvorschlag gefasst und in begründeter Form den Streitparteien verkündet hat, kann jene Streitpartei, die den Schlichtungsvorschlag (Einigungsvorschlag) des Schiedsgerichts nicht akzeptiert, zur Entscheidung über den von ihr geltend gemachten Rechtsanspruch das örtlich und sachlich zuständige ordentliche Gericht anrufen. Auch mündlich verkündete Einigungsvorschläge sind schriftlich auszufertigen und zu begründen.

5.)    Gar nicht selten scheitert die statutengemäße Konstituierung der Schlichtungseinrichtung (des Schiedsgerichts) schon daran, dass der Streitgegner der Aufforderung zur Benennung seines Mitglieds / seiner Mitglieder der Schlichtungseinrichtung nicht nachkommt. Sofern diese Aufforderung die Bekanntgabe des Streitgegenstands und die Benennung des / der vom Aufforderer gewählten Mitglieds / Mitglieder des Schiedsgerichts mit einschließt, löst ihre Zustellung an den Streitgegner die in § 8 VerG bestimmte Sechs-Monate-Frist aus, nach deren Ablauf der ordentliche Rechtsweg (=Anrufung eines ordentlichen Gerichts) auch dann offen steht, wenn bis dahin das Schiedsgericht keinen Einigungsvorschlag unterbreitet hat oder sich gar nicht konstituieren konnte.

In dieser Aufforderung liegt also die vom Gesetz vorgeschriebene „Anrufung der Schlichtungseinrichtung“.

Die Aufforderung sollte daher in Form eines eingeschriebenen Briefes oder durch persönliche Übergabe gegen Empfangsbestätigung erfolgen.

6.)    Mehrmals ist es schon vorgekommen, dass Vereinsmitglieder der Vereinsleitung Personen als Schiedsrichter benannten, die nicht ordentliche Vereinsmitglieder sind. In Vereinen, deren Satzungen im Punkt Schiedsgericht den vom ZENTRALVERBAND herausgegebenen Musterstatuten folgen, ist das nicht zulässig. 

7.)    Von der in den Musterstatuten vorgesehen Möglichkeit, dass die Mitgliederversammlung (Generalversammlung) einen Einzelschiedsrichter wählt, der zur Streitschlichtung berufen ist, wenn die Bildung des kollegialen Schiedsgerichts scheitert, dürfte bisher kein Kleingartenverein Gebrauch gemacht haben.

 

Verfasser:

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